Drohnen im Einsatz gegen das Corona-Virus

Überall auf der Welt kämpfen Staaten mit teils drastischen Massnahmen gegen die Verbreitung des Coronva-Virus COVID-19. Das öffentliche Leben wurde fast überall eingeschränkt, Geschäfte geschlossen und der Kontakt zwischen Menschen soweit wie möglich reduziert. Wie aus dem Nichts ist dadurch eine enorme Nachfrage nach Anwendung mit Drohnen entstanden, die ohne direkten Kontakt zwischen Menschen durchführbar sind – ein bisher eher wenig beachteter Aspekt vieler Drohnenanwendungen und Business Cases.

Überwachung der Verbote aus der Luft

In unzähligen Ländern wurden Ausgangsbeschränkungen verhängt und Versammlungsverbote ausgesprochen. Die lokalen Polizeieinheiten müssen die Verbote überwachen und gegebenenfalls durchsetzen, und dabei ihre eigenen Leute dem Virus möglichst wenig auszusetzen. Die besonderen Umstände haben in vielen Ländern den Weg frei gemacht für Einsätze von Überwachungsdrohnen der Polizei mitten in der Stadt. Während man aus China schon einige Überwachungseinsätze mit Drohnen gesehen hat, greifen nun auch Länder wie die USA, Italien und Frankreich zu diesen Maßnahmen.

In Chula Vista, Kalifornien, kaufte das Polizeidepartment zwei weitere DJI Matrice 210 V2, die mit Lautsprechern und Nachtsichtkameras ausgerüstet, den Lockdown im County überwachen sollen. Die Stadt Chula Vista genehmigte den Einsatz von Drohnen durch die Polizei und Feuerwehr bereits im Juli 2018, nach dem Stadt als eine von 10 Pilotstädte für das Unmanned Aircraft System Integration Pilot Program (IPP) der FAA ausgewählt wurde.

In Spanien setzt die Polizei Drohnen ein, um die Ausgangsperren durchzusetzen. Aufnahmen der BBC zeigen Polizisten mitten in Madrid in Schutzausrüstung, die mit Mikrofonen die Bevölkerung auffordert, in den Häusern zu bleiben. Die Drohnen dienen als fliegende Lautsprecher.

Das gleiche ist auch in Italien zu sehen: Vor allem in Neapel und die besonders betroffene Region um Bergamo setzt die Polizei Drohnen ein, um die Ausgangsperren effektiver zu überwachen.

Drohneneinsatz der italienischen Polizei in Neapel. Screenshot eines Videos auf Twitter @dailydigger19

Im Golfemirat Sharjah fordert die lokale Polizei am Sonntag, 22.03.2020, die Menschen mittels Drohnen mit Lautsprechern auf, zu Hause zu bleiben.

Noch einen Schritt weiter ging die Polizei von Derbyshire. Die Beamten filmten Passanten in der Natur im Peak District und veröffentlichten ein 90 Sekunden langes Video, in dem das Verhalten der Menschen als Verstoss gegen die Ausgangsrestriktionen vorgeführt werden. Die Polizei sah sich danach Kritik in den Medien und Social Media ausgesetzt, orwellsche Überwachungsmethoden anzuwenden. Die Kritik hat die Polizei zurück gewiesen: “Wir verstehen, dass die Menschen unterschiedliche Ansichten über diesen Posten haben werden, aber wir werden uns nicht dafür entschuldigen, dass wir legale und angemessene Methoden anwenden, um die Menschen zu schützen.”

Screenshot aus dem Video der Polizei von Derbyshire. @DerbysPolice

Delivery Drones in den Startlöchern

Überwachungsdrohnen sind nicht die einzige Möglichkeit, wie die Technologie gegen das Virus eingesetzt wird. Die Drohnenbranche träumt schon lange von Delivery Drones, die Auslieferung von Waren in kürzester Zeit ermöglichen. In diesem Bereich arbeiten unzählige grosse und kleine Unternehmen auf der Welt. Es gibt bereits viele Feldversuche und erste kleinere Anwendungen, die meisten Projekte befinden sich aber maximal in der Pilotphase – von einer flächendeckenden Anwendung mit grösseren Volumen sind wir noch weit entfernt. Bisher bremsten regulatorische Auflagen, Widerstand von Anwohnern und in einigen Fällen auch die Betriebskosten im Vergleich zu Kurierdiensten die Geschwindigkeit der Einführung. Die Ausnahmesituation mit den Ausgangsbeschränkungen und die Dringlichkeit rund um die Virusbekämpfung dürften vielen Projekten einen Turbo verpassen.

In Xinchang, China, werden medizinische Proben und Materialien zwischen dem People’s Hospital of Xinchang County und dem drei Kilometer entfernten Chinese Center for Disease Control and Prevention per Drohne transportiert. Xinchang liegt in der Provinz Zhejiang – einer der am stärksten vom Virus betroffenen Provinzen, in der am 6. Februar 2020 bereits 1006 Patienten von COVID-19 betroffen waren. Die Drohnenflüge werden von Terra Drone durchgeführt, was zum japanischen Unternehmen Antwork gehört.

Lieferung von medizinischen Proben in China durch eine Terra Drone. Foto: Terra-drone.net

Während der Transport zwischen Krankenhäusern fast schon zum klassischen Pilotversuch gehört, wird in China auch schon die ersten Delivery Services zu Endkunden aufgebaut:

In Indonesien, in einer Region mit diversen, relativ isoliert liegenden Inseln, wurde durch das chinesische Drohnenunternehmen JD innerhalb nur weniger Tage ein Lieferservice mit Drohnen aufgebaut, nachdem der lokale Bootsverkehr wegen des Coronavirus eingestellt wurde. Das JD Team führte prüfte die örtliche Topographie, entwarf Flugkorridore, beantragte die Genehmigung für den Luftraum und führte abschließende Flugtests durch. JD plant nun, seine Delivery Drohnen in weiteren Gegenden in China und Indonesien einzusetzen.

Die JD Delivery Drohne. Foto von jd.com

Desinfektion aus der Luft

Sowohl in China als auch in Indien werden spezielle Drohnen, die man bisher vor allem in der Landwirtschaft zur Schädlingsbekämpfung kennt, für das Versprühen von Desinfektionsmittel gegen das Corona-Virus eingesetzt. Zu sehen ist dabei oft die DJI Agras, die mit einem 20 Liter Tank ausgerüstet ist.

Eine Drohne beim Sprayen von Desinfektionsmittel in Indore, Indien. Screenshot aus einem Video auf Twitter von @TOIIndoreNews

Sprühdrohnen bieten viele entscheidende Vorteile, insbesondere im Notfall – sie können bis zu 50-mal schneller sein als herkömmliche Methoden, und sie können menschliche Bediener vor Schaden bewahren. Die Drohnen sind relativ einfach und kostengünstig zu bedienen und können schnell mobilisiert werden. DJI hat kürzlich einen weiteren humanitären Einsatz von Sprühdrohnen in Tansania demonstriert, bei dem Drohnen im Kampf gegen Malaria erregende Mücken eingesetzt werden.

Zusätzlich zum Sprühen von Desinfektionsmitteln werden Drohnen nun auch als fliegende Thermometer in die Luft gebracht: Mit Wärmekameras kann die Körpertemperatur von Passanten gemessen werden, so möglicherweise infizierte Menschen ohne sichtbare Symptome schneller erkannt werden können. Dazu braucht es noch nicht mal spezielle Umbauten, Drohnen mit Wärmebildkameras sind sowohl für Inspektionsaufgaben als auch in der Landwirtschaft im Einsatz und können beispielsweise genutzt werden, um Solaranlagen auf Dächern zu prüfen. Zahlreiche Drohnenhersteller haben entsprechend Drohnenmodelle mit Thermalkameras im Angebot, wie zum Beispiel die DJI Inspire, die DJI Mavic 2 Enterprise oder die Parrot Anafi Thermal.

Ruf nach schnellen Bewilligungen und Approvals

In vielen westlichen Ländern erfordert der Einsatz der Drohnen über bewohnten Gebieten Bewilligungen durch lokale Behörden und oftmals vorrangige Risikoanalysen. Vertreter zahlreicher Unternehmen der Drohnenbranche fordern jetzt schnelle Freigaben und Bewilligungen durch die Behörden.

Brendan Schulman, zuständig bei DJI für rechtliche Vorgaben, sagte angesichts des nationalen Notstands, dass die Amerikanische Flugbehörde FAA “bereitwillig Ausnahmen von den Beschränkungen gewähren sollte”, um eine schnelle Unterstützung durch Drohneneinsätze zu ermöglichen.

Unterstützt wird die Forderung von Organisationen wie die Commercial Drone Alliance, die von Dutzenden von Unternehmen wie Apple, AT&T, Uber, dem Drohnenhersteller Skydio und der Alphabet-Einheit Wing unterstützt wird. “Es gibt viele Anwendungsfälle für Drohnen, die der Nation helfen können”, sagte Lisa Ellman, die Geschäftsführerin der Commercial Drone Alliance.

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