Schweiz setzt die Einführung der neuen EU-Drohnengesetze aus

Die Schweiz hatte bisher angekündigt, die neue europäische Regulierung für Drohnenflüge unter der Federführung der European Aviation Safety Agency (EASA) auf den 1.1.2021 zu übernehmen. Die Verordnung der EU soll zu einer Harmonisierung und Standardisierung der Gesetzgebung für Drohnenflüge innerhalb der EU führen und einheitliche Sicherheitsstandards schaffen. Das Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) verkünde jetzt aber überraschend, dass die Einführung aktuell ausgesetzt ist. Grund dafür ist eine Motion des Nationalrates vom September, in der gefordert wird, bei der Übernahme der EU-Drohnenregelung «den traditionellen Modellflug auszunehmen und unter nationalem Recht zu belassen».

«Momentan ist die Ausgangslage so, dass die EU-Durchführungsverordnung nicht übernommen wird, bis der Ständerat die Motion als Zweitrat behandelt hat», sagte der BAZL-Kommunikationchef Urs Holderegger.

Streitpunkt Modelflug

Streitpunkt ist die Anwendung der neuen Regeln auch für den Modellflug, wie es die EU-Durchführungsverordnung der EASA vorsieht. Der Kommissionspräsident Kurt Fluri argumentierte, dass die bestehenden nationalen Modellflugvorschriften bewährt, einfach und praxisorientiert seien. Unfälle mit Modellflugzeugen seien äusserst selten und ihr Gefährdungspotenzial nicht mit dem von Drohnen vergleichbar. Die sehr umfangreichen neuen EU-Vorschriften seien rein administrativer Natur und erhöhten die Sicherheit nicht. Da sie für alle unbemannten Luftfahrzeuge gelten würden, beträfen sie auch den Modellflug. Grosse Teile des Modellflugs würden laut Fluri faktisch einem Vereinszwang unterstellt. Der Modellflüge würden wie auch Drohnenflüge eine Registrierung der Piloten sowie Online-Trainings- und Tests erfordern.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies vergeblich darauf hin, dass unter der neuen EU-Verordnung mit Modellflugzeugen in der Schweiz genauso weitergeflogen werden könne wie heute. Es ändere sich einzig, dass ein Pilot sich einmalig online registrieren und Mitglied in einem Modellflugverein sein müsse.

Interessant ist das Timing der Diskussion: Erst im August 2020 wurde ein unbeteiligter Arbeiter im Umland von Zürich von einem Modellflugzeug im Gesicht getroffen und schwer verletzt, die Medien berichteten entsprechend. Gesamthaft betrachtet sind Unfälle mit Modellflugzeugen sehr selten. Die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung vermeldet, dass pro Jahr knapp 100 Personen in der Schweiz von Modellflugzeugen verletzt werden. Das beste davon sind allerdings kleine Verletzungen beim Zusammenbauen, Kollisionen sind sehr selten.

Wie geht es weiter?

Wegen des Entscheids im Nationalrat wird nun die seit langem geplante und vom BAZL vorbereitet Übernahme der Drohnenregulierung auf unbestimmte Zeit verschoben. Mit der Frage muss sich nun der Ständerat auseinandersetzen, was voraussichtlich mehrer Monate in Anspruch nehmen wird. Sollte der Ständerat sich für die Einführung der Regulierung aussprechen, könnte diese doch noch mit einiger Verspätung übernommen werden. Solltet er dagegen der Position des Nationalrates folgen, müsste der Bundesrat Verhandlungen mit der EU aufnehmen, da die Schweiz nicht unilateral nur Teile einer EU-Verordnung übernehmen kann.

Wenn die Schweiz eine Sonderregel für die circa 15’000 in der Schweiz aktiven Modellflugzeugbetreiber möchte, müsste die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten damit einverstanden sein. Ob die Idee auf Verständnis stossen wird, ist fraglich: Die EU-Staaten wollten ausdrücklich Drohnen und Modellflug in derselben Verordnung regeln, da sich diese im selben Luftraum bewegen.

Bis auf weiteres gelten damit die aktuellen Regelungen in der Schweiz weiter. Der Grossteil der geschätzten 100’000 Drohnen in der Schweiz können damit weiter ohne Registrierung und Kenntnisnachweis geflogen werden.

Quelle: NZZ

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